Mit Neuroathletik neues sportliches Potential entwickeln

Wir wissen, wie wichtig körperliches Training, Regeneration und gesunde Ernährung sind um sportliche Höchstleistungen erbringen zu können. Dabei gibt es auch noch weitere Komponenten, die dazu wesentlich beitragen können, um beispielsweise im Fußball noch besser zu werden. Auch das soziale Umfeld eines Sportlers ist so eine Komponente, die zwischen Erfolg und Misserfolg entscheiden kann. Aber um die soziale Komponente geht es heute nicht, oder nur am Rande. Vielmehr beschäftigen wir uns hier mit unseren reizverarbeitenden Systemen.

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Abbildung: Extreme neuronale Leistungen ohne visuelles System © Blindenfussball.at

Zweifelsohne spielt es in der Neuroathletik eine große Rolle, ob man grundsätzlich in den anderen Bereichen des Alltags und im Sport über solide Werte verfügt. Die Messung der Herzratenvariabilität kann beispielsweise Daten über die psychische Verfassung und das vegetative Nervensystem liefern.

Um konkreter zu werden: Sind gewisse Grundvoraussetzungen nicht gegeben, so kann es sein, dass der Erfolg von Neuroathletik nicht sein ganzes Potential entfalten kann. Die Neuroathletik ist insofern als ein Baustein vieler anderer Bausteine anzusehen, die notwendig sind, um im Leistungssport noch besser zu werden – hier liegt der Nutzen im Spitzensport.

Um dies anhand eines anderen Beispiels zu verdeutlichen: Es macht für die Entwicklung der Ausdauer keinen Sinn nur auf hartes Sprinttraining zu setzen, wenn die Grundlagenausdauer noch nicht entwickelt ist. Man kann spezifisches Training nur auf einem soliden Fundament nachhaltig etablieren.

Neuroathletik in der Therapie oder für den Alltag

Natürlich kann man Neuroathletik auch ohne die Beachtung anderer Trainingsmethoden einsetzen (stand alone), und das kann individuell auch zu großen Erfolgen verhelfen, zum Beispiel in therapeutischen Ansätzen. Doch die Neuroathletik als einzigen Trainingsansatz anzusehen (das Allheilmittel), ist ein wenig zu eng gedacht. Die Neuroathletik ist mit Sicherheit ein nützlicher Baustein im Gesamtgefüge eines breiteren Trainings- oder Therapiekonzeptes.

Neuroathletik macht grundsätzlich auch nur dann wirklich Sinn, wenn man die dadurch erworbenen Verbesserungen aktiv regelmäßig nutzt. Andernfalls macht es keinen Sinn und die Verbesserungen in den Systemen gehen allmählich wieder verloren, wenn man mit dem Training / der Nutzung aufhört.

Was versteht man unter der Neuroathletik?

Das Konzept der Neuroathletik geht davon aus, dass alle sportlichen Abläufe des Körpers (Koordination, Taktik, Bewegungsmuster, Reaktionsfähigkeit, …) ihren Ursprung im Gehirn haben. Die Trainingsmethoden der Neuroathletik verbessern das Zusammenspiel zwischen zentralem und peripherem Nervensystem. Das ist beispielsweise im Fußball sehr wichtig, wo es darum geht, schnell, effizient und effektiv die richtigen Entscheidungen zu treffen und die Bewegungsabläufe dafür zu verbessern. Aber auch die vorhandene individuelle Leistungsfähigkeit wird mit dem richtigen Neuroathletik-Training verbessert, in dem der Körper durch neuronale Impulse in Kürze mehr Potential abrufen kann.

Ein reales Beispiel dafür liefert eine 3sat NANO Dokumentation über starke Füße (ca. ab Minute 37) in welcher ein Fußballer mit Hilfe der Neuroathletik die Fähigkeit erhält mehr Kraft im linken Fuß zu generieren, um sich schneller vom Boden abdrücken zu können.

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Wir können nun schlussfolgern, dass die Neuroathletik somit auf die Verbesserung des Zusammenspiels von zentralem und peripherem Nervensystem abzielt. Der Fokus liegt dabei auf den sogenannten reizverarbeitenden Systemen, die sich als hauptverantwortlich für Bewegungsabläufe zeigen:

  • Visuelles System (optische Wahrnehmung)
  • Vestibuläres System (Gleichgewicht, Wahrnehmung von Körperposition, Bewegung, Beschleunigung und Schwerkraft)
  • Propriozeptives System (Tiefensensibilität, Wahrnehmung der Körperposition und Bewegung)

Das Propriozeptive System beispielsweise ist im Fußball sehr wichtig, da es uns ermöglicht, uns sicher im Raum zu bewegen, ohne hinsehen zu müssen. Dieses System ist auch für Gleichgewicht, Koordination und die allgemeine Körperwahrnehmung entscheidend und kann durch gezieltes Training stimuliert und gefördert werden.

Diese Systeme interagieren permanent miteinander und mit dem zentralen Nervensystem, welches die gesendeten Informationen blitzschnell verarbeiten und ausgleichen kann. In der Neuroathletik können gezielte Übungen (diese können individuell für jede Person anders sein) gewisse Störungen im Zusammenspiel der Systeme auflösen und somit den Informationsfluss verbessern.

Übungen der Neuroathletik

Sinnvolle Übungen der Neuroathletik zielen darauf ab, die drei oben genannten Systeme zu trainieren:

  • Übungen für visuelle Eindrücke
  • Übungen um das Gleichgewicht zu trainieren
  • Übungen um die Eigenwahrnehmung zu verbessern

In der Regel sollte man diese Übungen in kurzen regelmäßigen Zeitabständen (je öfter desto besser, zB 1 x täglich) machen, weil dadurch das Gehirn am besten trainiert wird. Über die Dauer einer Trainingseinheit gehen die Meinungen auseinander, aber es kommt auch darauf an, was (und wie schnell) man erreichen will. Einige Trainer sind der Meinung, dass man mindestens 20 Minuten pro Trainingseinheit investieren sollte. Andere Spezialisten reden auch von nur wenigen Minuten die ausreichen. Essentiell ist die auf jeden Fall die Regelmäßigkeit.

Übungen für visuelle Eindrücke

Im Fußball ist es beispielsweise sehr wichtig zu wissen, wo sich die anderen Spieler am Feld befinden, wie weit diese entfernt sind und wohin sich die Spieler momentan bewegen. Ist die Sicht eingeschränkt, oder kann das Gesehene nicht effizient verarbeitet werden, kann sich das auf verschiedene Bereiche auswirken, zum Beispiel das Gleichgewicht, die Körperhaltung, das eigene Bewegungsmuster, etc … im Falle einer Situation am Fußballfeld kann dies zur Folge haben, dass ein Fehlpass passiert. 

Visuelle Neuroathletik-Übungen zielen darauf ab die Kommunikation zwischen Augen und Gehirn zu verbessern und so die Reaktionszeit verkürzen. Dabei kommt beispielsweise im Fußball die Rasterbrille zum Einsatz. Auch in der zuvor genannten 3sat NANO-Dokumentation wird mit visuellen Neuroathletik-Übungen gearbeitet.

Übungen um das Gleichgewicht zu trainieren

Das sogenannte vestibuläre System ermöglicht es uns im Raum orientieren zu können. Dieses System ist aber auch an der Ausrichtung der Augen beteiligt. Da es uns schwer fällt mit geschlossenen Augen auf einem Bein stehend das Gleichgewicht zu halten, ist ein Beleg dafür, dass die visuellen Eindrücke für das Gleichgewicht – und somit das vestibuläre System – relevant sind. Wenn unser Gehirn die Information bekommt, dass wir nicht stabil sind (uns nicht im Gleichgewicht befinden – weil das „Bild“ fehlt), verlangsamt es unsere Bewegungen aus einem instinktiven Schutzbedürfnis heraus.

Über Neuroathletik-Übungen, die auf besseres Gleichgewicht abzielen, soll mehr Stabilität generiert werden. Damit können auch Verletzungen reduziert – und die Körperbeherrschung – verbessert werden. Klassische Übungen dafür sind immer mit einem kontrollierten Bewegungsablauf verbunden, zum Beispiel einem Drehen des Kopfes und Gleichgewichtsübungen mit geschlossenen Augen.

Übungen um die Eigenwahrnehmung zu verbessern

Die Eigenwahrnehmung wird vom propriozeptivem System gesteuert. Hier kommt unsere Tiefensensibilität ins Spiel. Propriozeptive Sensoren in unseren Muskeln, Sehnen und Gelenken senden permanent Signale an das Gehirn, in welcher Position sich unser gesamter Körper befindet. Das ist extrem wichtig für die Statik (Körperspannung) im Körper. Zusätzlich befinden sich auf der Haut unzählige Sensoren, welche weitere Informationen über die Beschaffenheit der Außenwelt liefern und zu spüren vermag wie schnell wir uns bewegen.

Übungen zur Stimulierung des propriozeptiven Systems werden beispielsweise auch auf labilen Untergründen gemacht, im Einbein-Stand und auf Tools, wie der Balance Disc, auf welcher man das Gleichgewicht halten muss und zugleich eine weitere Übung zB mit dem Armen durchführen muss (zB Kurzhanteln heben).

Neuroathletik als Gamechanger im Spitzensport – Chancen im Breitensport

Während die Neuroathletik längst im Spitzensport angekommen ist, so sind die praktischen Anwendungsfälle im Therapie-, Hobby- und Amateursport noch weitestgehend unbekannt. Es gibt aber durchaus Entwicklungen und Anwendungsbereiche für Menschen, die nicht im Spitzensport tätig sind.

Weitere nützliche Informationen zu diesem Thema liefern folgende Artikel: