Ältere Wiener Fußballfans können sich noch lebhaft daran erinnern, als der Wiener Fußball an der Spitze des nationalen Sports stand. Sowohl Rapid Wien als auch die Wiener Austria machten unter sich aus, wer am Ende der Saison den Meistertitel nach Hause nehmen durfte. Doch diese Zeiten sind lange vorbei, heute regiert vielerorts die Sorge um das finanzielle Überleben.

Ein Rapidler ging fremd
Den Niedergang des Wiener Fußballs leitete einst ausgerechnet ein Publikumsliebling von Rapid Wien ein. Ernst Happel bewies nicht nur als Spieler Ausnahmequalitäten, sondern stieg in der Folge zu einem Trainer von Weltrang auf. Dass er mit den Niederlanden den Weltmeistertitel gegen Argentinien im Finale der Fußball-Weltmeisterschaft 1978 knapp verpasst hatte, hielt seine Fans nicht davon ab, ihn zukünftig „Wödmasta“ zu nennen.
Happel heuerte nach seiner Rückkehr nach Österreich beim neu gegründeten FC Tirol an und machte diesen zum Seriensieger. Viele Jahre später erwuchs den Wiener Klubs im FC Salzburg neuerlich ein unbezwingbarer Konkurrent. Der Weltkonzern Red Bull zog einen Klub hoch, dem es nicht nur gelang, Ausnahmetalente zu entdecken, sondern diese auch in alle Welt zu verkaufen. Der Norweger Erling Haaland von Manchester City ist eines von vielen Beispielen für diese erfolgreiche Politik.
Die Wiener Austria in Geldnöten
In Wien herrscht jedoch nach wie vor Frust vor. Bestes Beispiel für die Entwicklung der letzten Jahrzehnte ist der Traditionsklub Wiener Austria. Die „Veilchen“ liegen derzeit nur auf Platz zehn der Tabelle und stehen vor großen Problemen. Zuletzt war der Klub sogar gezwungen, sein Stadion an die Stadt Wien zu verkaufen. Diese übernahm die Sportstätte für einen Betrag von 39,4 Millionen Euro, nachdem sie einst selbst einen Teil der Errichtungskosten getragen hatte.
Nicht ganz so schlimm trifft es derzeit Rapid Wien. Der große Konkurrent der Wiener Austria kämpft immer wieder mit Imageproblemen und hohen Geldstrafen. Diese sind die Folge von Ausschreitungen der Fans. Zuletzt scheiterte ein Transfer von Marco Arnautovic von Inter Mailand. Dieser heuerte in der Folge bei Roter Stern Belgrad an.

Rapid Wien stand schon einmal vor der Pleite
Vor 25 Jahren stand Rapid Wien allerdings ebenfalls kurz vor der Pleite. Mit einem Börsengang wollte man jene finanziellen Mittel aufbringen, die den Kampf gegen die europäischen Spitzenvereine ermöglichen sollten. Doch das Projekt scheiterte krachend und endete beinahe mit dem Untergang. Doch woran liegt es, dass in einer Stadt, in der so viel Leidenschaft, Rivalität und Geschichte für den Fußball vorherrscht, kein Verein an die Spitze des heimischen Fußballs zurückkehren kann? Wie so oft ist es die Finanznot, die wirtschaftliche Sorgen in den Vordergrund stellt und den sportlichen Erfolg hemmt.
Die Kosten für Spieler- und Trainergehälter wachsen den Klubs über den Kopf. Dazu kommen die Ausgaben für die sportliche Infrastruktur, die Nachwuchsarbeit und die Sicherheit. All dies steht begrenzten Einnahmen gegenüber, die sich nicht beliebig steigern lassen. Immerhin zählt der heimische Fußball außerhalb des Landes nicht gerade zu den Quotenbringern, TV-Gelder bleiben daher begrenzt. Wenn dann auch noch die Qualifikation für die internationalen Top-Bewerbe misslingt, fehlen den Vereinen wichtige Einnahmequellen.
Müssen sich die Sportwetten-Sponsoren zurückziehen?
Daher mehren sich die Stimmen, die auf eine verstärkte Zusammenarbeit mit der Sportwetten-Industrie setzen. Sportwetten gelten in Österreich nicht als Glücksspiel, daher sind das Angebot und die Konkurrenz entsprechend vielfältig. Doch der Plan könnte sich als schwierig in der Umsetzung erweisen. Immerhin plant die österreichische Bundesregierung eine umfassende Reform der entsprechenden Glücksspiel-Gesetzgebung. Wer jetzt Roulette online gratis spielen möchte, findet eine reiche Auswahl an unterschiedlichen Anbietern im Netz vor. Doch dem möchte die Bundesregierung zukünftig einen Riegel vorschieben.
Sie plant im Zuge der Reform nicht nur, Sportwetten in die Glücksspiel-Gesetzgebung zu integrieren, sondern auch den Zugang zu ausländischen Online-Casinos mithilfe von technischen Maßnahmen zu verhindern. Dazu zählen Netzsperren ebenso wie die Blockade von Ein- und Auszahlungen an diese Betreiber. Damit könnte die Branche in Österreich vor einem Umbruch stehen und damit dem Sport weitere Mittel entziehen.
Ein Entwurf des geplanten Gesetzes soll im Herbst der Öffentlichkeit vorgestellt werden. Dann steht fest, ob die Wiener Klubs auch auf diese Geldquelle verzichten müssen. Schon jetzt können die Wiener Fußballvereine mit den sportlichen und finanziellen Möglichkeiten ihrer Konkurrenten nur schwer mithalten. Von glanzvollen Auftritten in Europa können sie daher vorerst nur träumen, denn sie agieren am Limit.
Verkäufe stopfen Löcher
Tradition und Fanliebe reichen längst nicht mehr aus, um im beinharten Konkurrenzkampf um den Ball mithalten zu können. Die Vereine müssen daher verstärkt in ihre Nachwuchsarbeit investieren und auf junge Talente vertrauen. Zwar gelingt es den Klubs wie Rapid immer wieder, Spieler teuer zu verkaufen, doch damit öffnet sich ein Teufelskreis, aus dem es derzeit kaum ein Entrinnen zu geben scheint.
Aktuelles Beispiel dafür ist der Verkauf von Mamadou Sangare an einen Klub in Frankreich, der bis zu 10 Millionen Euro einbringen soll. Schon der Verkauf von Isak Jansson an OGC Nizza in diesem Sommer spülte eine ähnliche Summe in die Kassen der Grün-Weißen, doch unter den Transfers leidet zwangsläufig auch die spielerische Qualität. Diese könnte ein sportliches Kaliber vom Range eines Ernst Happel oder des österreichischen Trainers der Fußball-Nationalmannschaft, Ralf Rangnick, möglicherweise wiederherstellen.

Abbildung: Ralf Rangnick, von Steffen Prößdorf, CC BY-SA 4.0, Link
Rapid Wien erregte im Vorjahr Aufsehen mit dem Engagement von Peter Stöger. Der Wiener zählt zu den Legenden der Grün-Weißen, ebenso wie zu jenen von Austria Wien. Er nimmt damit eine Sonderstellung im österreichischen Fußball ein. Sein Erfolg als Trainer in Deutschland lässt ihn über der jahrzehntelangen Rivalität von Austria Wien und Rapid Wien stehen. Doch auch Stöger muss mit den begrenzten Mitteln auskommen, die ihm zur Verfügung stehen. Die strukturellen Probleme des österreichischen Fußballs bleiben vorerst bestehen. Eine bessere Nachwuchsarbeit, professionelle Vermarktung und mehr Strategie könnten dabei Abhilfe schaffen.