Denksportarten in der Wiener Sportlandschaft

Die Einstufung von Denksport als Sportdisziplin steht vielerorts zur Debatte. Der Fokus auf die mentalen Fähigkeiten lassen immer wieder kritische Stimmen laut werden. Doch im Schatten der Diskussionen wächst die Popularität von Schach, Poker und eSport auf Wettbewerbsebene immer weiter an. Auch in Österreich haben sie in der nationalen Sportlandschaft einen Platz gefunden.

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Schach

Traditionsdisziplin in Sachen Denksport ist natürlich Schach. Das Brettspiel existiert seit dem 6. Jahrhundert und erlangte seine heutige Form im Europa des 15. Jahrhunderts. Die Professionalisierung auf der Weltbühne startete mit der ersten offiziellen Weltmeisterschaft in 1886, die in der USA zwischen den Schachmeistern Wilhelm Steinitz und Johannes Hermann Zukertort ausgetragen wurde. Für den Denksport waren die 1990er wichtige Jahre der Expansion. Die Einführung des Computers und des Internets in die Massen ermöglichte die Gründung von Webseiten, Foren und Online-Diensten, welche die Schachfans in der digitalen Welt zusammenbrachten. Heute sind Online-Server wichtige Plattformen der Schachkultivierung. Hier finden Spieler nicht nur passende Gegenspieler, sondern auch Informationen über Regeln und Strategien, Unterrichtsangebote für Anfänger, Übertragungen von wichtigen Turnieren und vieles mehr. Auch Streamingplattformen tragen zur steigenden Popularität des Denksports bei. Erfolgreiche Schachmeister wie Hikaru Nakamura und Levy Rozman senden auf YouTube und Twitch, um junge Generationen für das Brettspiel zu begeistern. 

In Österreich hat Schach natürlich eine weitreichende Tradition. Besonders in der Ära der Wiener Kaffeehäuser galt die österreichische Hauptstadt als das Zentrum der europäischen Schachgemeinde. Der Österreichische Schachbund und Landesverbände gestalten als Dachorganisationen seit der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts das nationale Schach auf Wettbewerbsebene und unterstützen die Vereinsarbeit in einzelnen Regionen. Neben nationalen und regionalen Meisterschaften stehen auch zahlreiche andere Veranstaltungen auf dem Eventkalender des Landes. Wien ist in dieser Hinsicht gemäß seiner Tradition eine der aktivsten Städte. Interessierte finden jederzeit ein Blitzturnier, ein Spezialevent in Kooperation mit anderen Sportarten oder ein einfaches Amateur-Meeting, um sich am Spielbrett zu messen.

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Poker

Die Ursprünge des Pokers liegen im amerikanischen Wilden Westen. Im 19. Jahrhundert wurde nachweislich in New Orleans Poker gespielt. Das Kartenspiel breitete sich von dort aus erst über die USA, dann über die ganze Welt aus. Die Sportgeschichte des Pokers begann in den 1970er Jahren mit der Einführung der World Series of Poker (WSOP) auf dem Las Vegas Strip. Die Veranstaltung wurde aufgrund des Interesses von CBS Sports im Fernsehen übertragen und erlangte weltweit große Beliebtheit. Wie beim Schach waren die 1990er wichtige Jahre der Expansion, in der die Vernetzung der Pokergemeinde über das Internet erfolgte. Heute werden zahlreiche Turniere organisiert, die sowohl im Fernsehen als auch online auf Twitch und YouTube verfolgt werden können. Interessierte können sich zudem auf spezialisierten Webseiten sowie auf Streamings von erfolgreichen Pokerspielern wie Lex Veldhuis oder Ben Spragg über die unterschiedlichen Pokervarianten, -hände und -regeln informieren. 

Die österreichische Pokerkultur ist eng mit der Geschichte der Casinos verbunden. Die ersten Spielbanken in Österreich wurden im 20. Jahrhundert gemäß der europäischen Tradition in Kurgebieten eröffnet. Das wachsende Interesse an Casinospielen veranlasste nach und nach die Eröffnung von Stadtcasinos. Gegenwärtig existieren unter der Verwaltung von Casinos Austria insgesamt zwölf Spielbanken, die sowohl Live-Poker für das Gelegenheitsspiel als auch Pokerturniere anbieten. Zudem werden zahlreiche Pokerclubs unterhalten, in der sich Gleichgesinnte zusammentreffen. Allein im Wiener Pokersportverband gibt es 14 aktive Mitgliedsvereine.

eSports Betriebssport-Meisterschaft 2020

eSport

Als spannender Auswuchs der Digitalisierung ist eSport der unbestrittene Hit der letzten Jahre. Die Geschichte der digitalen Denksportart begann bereits in den 1970ern, als Studenten der Stanford University den ersten Wettbewerb mit „Intergalactic Spacewar“ veranstalteten. Der große Durchbruch gelang jedoch erst in den 1990ern. Der Zugang zum Internet kurbelte das Interesse für das Gaming in der Weltbevölkerung an. Infolgedessen stieg auch die Anzahl der Gamer, die auf Wettbewerbsebene am Computer- und Videospiele spielten. Inzwischen locken Streamings von eSportlern sowie Turniere und andere Events rund um das professionelle Gaming Millionen Menschen vor die Bildschirme. Nicht selten übertreffen sie sogar die Zuschauerzahlen von konventionellen Sportevents. 

Das Publikumspotential des eSports hat vielerorts auch die Regierungen auf sich aufmerksam gemacht. In Ländern wie den USA, China und Russland wurde er bereits als eigenständige Disziplin anerkannt. In Österreich wurde dieser Schritt noch nicht vollzogen. Doch der eSport Verband Österreich, der 2007 gegründet wurde, arbeitet akribisch an dieser Aufgabe und setzt sich für das gesellschaftliche, wirtschaftliche und politische Vorantreiben des professionellen Gamings ein. Weiterhin bilden Vereine, Turniere und Ligen sowie das Wiener eSport Zentrum AREA52 einen fruchtbaren Nährboden für den eSport in Österreich. 

Die 1990er Jahre waren eine wichtige Zeitspanne, welche die Denksportarten Schach, Poker und eSport in die digitale Welt eingeführt haben. Interessierte finden heute sowohl im Internet als auch real zahlreiche Möglichkeiten, um die populären Denksportarten auf Wettbewerbsebene auszuführen. Auch auf dem österreichischen Boden werden akribisch Vereinsarbeit betrieben und Turniere veranstaltet. Zusammen mit den vielfältigen Online-Angeboten unterstützen diese die Kultivierung der Denksportarten in der österreichischen Sportlandschaft.